In der aktuellen Bau- und Wohnlandschaft Deutschlands sehen wir uns mit einer einzigartigen Herausforderung konfrontiert: Die schnelle Zunahme von Zinsen, gepaart mit deutlich erhöhten Baukosten, hat nicht nur das Tempo des Wohnungsbaus gedrosselt, sondern auch die komplexen Konflikte zwischen dem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum und dem Klimaschutz ans Licht gebracht. Diese Dualität der Anforderungen hat weitreichende Konsequenzen und verlangt nach durchdachten Lösungsansätzen.
Einerseits führen höhere energetische Standards in Neubauten und bei Sanierungen zu steigenden Bau- und Mietkosten. Andererseits sind ausreichende Bauflächen unerlässlich, um ein Angebot an preisgünstigem Wohnraum sicherzustellen, was jedoch oft im Widerspruch zu Flächeneinsparzielen steht. Die Politik steht vor der Aufgabe, diese divergierenden Ziele in Einklang zu bringen.
Um auf diese Herausforderungen zu reagieren, sollte die Einführung des EH 40 Standards, geplant für 2025, zu Recht verschoben werden, da die Mehrkosten nicht in einem sinnvollen Verhältnis zu den erzielbaren Klimaschutzbeiträgen stehen. Im Gebäudebestand liegt ein enormes Potential für Klimaschutz, doch Verbote und Sanierungspflichten stoßen oft auf Widerstand und führen zu Mehrkosten. Der CO2-Preis könnte hier eine zentrale Rolle spielen, indem er Anreize für effiziente Sanierungen schafft und gleichzeitig Einnahmen zur Finanzierung von Förderungen generiert.
Eine Verstetigung der Rahmenbedingungen für Förderungen ist notwendig, um Planungssicherheit zu schaffen. Eine stärkere Förderung über die Einkommenssteuer könnte hier Abhilfe schaffen, da diese nicht den jährlichen Haushaltsplanungen unterliegt.
Die Ausweisung von genügend Bauland ist entscheidend für mehr und günstigeren Wohnraum. Eine überregionale Steuerung der Baulandausweisung und ein Flächenzertifikatehandel könnten mit den Flächeneinsparzielen der Bundesregierung in Einklang gebracht werden.
Abschließend sollte die Finanzmarktregulierung überdacht werden: Die BaFin hat die Eigenkapitalanforderungen für Immobilienkredite erhöht, was angesichts der aktuellen Marktsituation möglicherweise eine zusätzliche Belastung darstellt. Eine Anpassung dieser Anforderungen könnte notwendig sein, um den Wohnungsbau nicht weiter zu behindern.
Diese Überlegungen wurden von den Experten Ralph Henger und Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) formuliert, die den Originalartikel zu diesem wichtigen Thema verfasst haben.