In den ersten 20 Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung wurde Ostdeutschland, abgesehen von dynamischen Regionen wie Leipzig oder dem Umland Berlins, für seine preiswerten Immobilien bekannt. Eine Entwicklung, die insbesondere für Privateigentümer und Familien von Vorteil war. Geschickte Heimwerker fanden hier die Möglichkeit, heruntergekommene Objekte zu erwerben und sie liebevoll zu restaurieren. Jedoch befindet sich der Immobilienmarkt derzeit in einer Krise, die durch steigende Baupreise, Zinserhöhungen und das neue Heizungsgesetz getrieben wird und die Preise wieder fallen lässt.
Kleinere Städte und ländliche Regionen im Osten boten bis vor Kurzem attraktive Bedingungen für den Immobilienerwerb. Besonders in Dörfern führten Abwanderung und Überalterung zu vielen leerstehenden Gebäuden. Für diejenigen, die über ein Auto verfügten, war es möglich, die fehlende Infrastruktur durch Fahrten in die nächste Stadt auszugleichen. Günstigere Treibstoffpreise und die Verfügbarkeit von schnellem Internet durch LTE, Richtfunk oder Satellit, selbst in Gebieten ohne DSL, erleichterten das Leben abseits der Städte. Zudem förderte die Zunahme von Homeoffice die Attraktivität des Landlebens.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund empfahl sogar, aufs Land zu ziehen, um dem Wohnungsmangel in den Großstädten zu begegnen. Doch nun steht auch der ländliche Immobilienmarkt unter Druck. Das kürzlich verabschiedete Heizungsgesetz wird die Kosten für Eigentümer in den kommenden Jahren in die Höhe treiben. Obwohl Gas- und Ölheizungen noch bis 2045 betrieben werden dürfen, wird die Politik die CO₂-Preise ansteigen lassen, was insbesondere in älteren, energetisch ineffizienten Gebäuden Probleme verursacht. Umfassende Sanierungen werden nötig sein, die selbst mit staatlichen Förderprogrammen eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen.
Torsten Pfeifer, Chef der Treuenburg Gruppe, weist darauf hin, dass Immobilien in schlechtem Sanierungszustand überall unter Preisdruck stehen – sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten. Besonders im Osten wirken sich schlechte Verkäuflichkeit und Sanierungskosten negativ aus, wo die Preise ohnehin schon niedrig waren. Pfeifer kommentiert, dass das Heizungsgesetz der aktuellen Regierung den Immobilienmarkt im ländlichen Ostdeutschland stark belastet.
Für viele Privatleute mit wenig Eigenkapital ist der Immobilienerwerb somit keine Option mehr, und einige ziehen einen Kauf in Polen vor. Institutionelle Käufer hingegen könnten von der Lage profitieren, da vermietete Immobilien immer noch hohe Renditen abwerfen können. Auch sanierte Objekte in besten städtischen Lagen sind vom Preisverfall ausgenommen.
Im gewerblichen Sektor kompensieren steigende Mieten die gefallenen Verkaufspreise. Zudem sind viele Vorurteile über den Immobilienmarkt im Osten nicht zutreffend, was informierten Investoren Vorteile bietet. Benjamin Spieler von der SIM-Gruppe sieht zwei wesentliche Vorteile für Käufer und Investoren im Osten: eine bessere Gebäudesubstanz und weniger Konkurrenz. Er kauft vor allem sanierungsbedürftige Plattenbauten, saniert sie und erhöht die Mieten.
Die „Tagesschau“ berichtet, dass der Preisverfall auch Eigentumswohnungen betrifft, mit einem Rückgang des Preisindex „Greix“ um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Besonders betroffen waren Erfurt, Düsseldorf und Münster, während in Chemnitz, Potsdam und Köln die Preise stiegen. Im Durchschnitt sind Eigentumswohnungen um etwa zehn Prozent günstiger als in den Boomzeiten bis Mitte 2022.
Staatliche Stellen sorgen sich zudem um die Anziehungskraft niedriger Immobilienpreise auf unerwünschte Investoren. Der Verfassungsschutz Brandenburg warnte vor Neonazis aus Westdeutschland, die sich in Brandenburg niederlassen könnten. In der Vergangenheit wurde in einigen Regionen versucht, durch die Streuung von Gerüchten über rechtsextreme Käufer höhere Preise von den Kommunen zu erzielen.
Dieser Beitrag wurde von dem Autor des Originalartikels verfasst.