Die aktuelle Wohnsituation in Deutschland ist besorgniserregend. Die Mieten steigen stetig und der Kauf einer Wohnung scheint für viele Menschen ein unerreichbarer Traum zu sein. Um eine 80-Quadratmeter-Wohnung in einer Großstadt kaufen zu können, müsste man laut Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, zwischen 8000 und 10.000 Euro netto im Monat verdienen.

Die Wohnungsknappheit, insbesondere in Ballungsgebieten, verschärft sich weiter. In Berlin beispielsweise entstehen jährlich etwa 13.000 neue Wohnungen, während 65.000 Menschen pro Jahr zuziehen. Die steigenden Preise und hohen Zinsen machen es für viele Wohnungsbaugesellschaften schwierig, in den Wohnungsbau zu investieren. Die Folgen sind weitreichend und betreffen Themen wie Altersarmut, Probleme für junge Familien und die Zuwanderung von Fachkräften.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im August 2022 waren die Aufträge im Wohnungsbau bereits um 23,8 Prozent eingebrochen und sind im August dieses Jahres noch einmal um 6,5 Prozent zurückgegangen. Der Umsatz im Bauhauptgewerbe lag in den ersten acht Monaten dieses Jahres um 4,0 Prozent unter dem Niveau des vergleichbaren Vorjahreszeitraums, im Wohnungsbau sogar um 10,8 Prozent. Eine Besserung ist nicht in Sicht.

Müller warnt, dass die Lage auf dem Wohnungsmarkt noch viel schlimmer werden könnte. Die Genehmigungszahlen für Bauprojekte sinken seit Monaten und das politische Ziel von 400.000 neuen Wohnungen im kommenden Jahr wird voraussichtlich weit verfehlt. Müller kritisiert die Untätigkeit der Bundesregierung und wirft ihr vor, die falschen Prioritäten zu setzen.

Die Branche hat jedoch klare Vorstellungen, wie eine Linderung der Wohnungsnot erreicht werden könnte. Müller schlägt ein Zinsverbilligungsprogramm der KfWfür Gebäude mit dem Standard EH55 vor. Dies würde es ermöglichen, bereits genehmigte Projekte zu realisieren und könnte dazu beitragen, dass im kommenden Jahr mehr Wohnungen gebaut werden. Mit günstigeren Krediten könnten Mieten von 10 oder 12 Euro pro Quadratmeter anstelle von 20 Euro ermöglicht werden.

Die aktuelle Situation könnte dazu führen, dass sich Unternehmen vom Wohnungsbau abwenden und sich stattdessen auf andere Bereiche wie Sanierung oder Infrastruktur konzentrieren. Müller betont, dass es der Bauindustrie insgesamt nicht schlecht gehe, sondern speziell der Wohnungsbau betroffen sei.

Trotz eines allgemeinen Orderplus im Bauhauptgewerbe von 10,8 Prozent im August, ist der Auftragseingang im Wohnungsbau weiterhin rückläufig. Dieser Anstieg ist hauptsächlich auf Großprojekte im Bahnbau zurückzuführen. Müller betont, dass diese positive Entwicklung nicht darüber hinwegtäuschen dürfe, dass dringender Handlungsbedarf im Wohnungsbau besteht.

Die aktuellen Zahlen zeigen ein düsteres Bild: Trotz der positiven Entwicklung im Wirtschaftstiefbau ergibt sich für die ersten acht Monate dieses Jahres immer noch ein reales Orderminus von 7,6 Prozent für das gesamte Bauhauptgewerbe. Der Umsatz stagniert auf dem bereits schlechten Vorjahresniveau.

Müller kritisiert die Bundesregierung für ihre Untätigkeit und fordert konkrete Maßnahmen, um die Wohnungsnot zu lindern. Er betont, dass das Grundrecht auf Wohnen gewährleistet werden muss und warnt vor einer schweren gesellschaftlichen Krise, sollte die Situation nicht verbessert werden.

Die Branche hat klare Vorstellungen, wie eine Verbesserung erreicht werden könnte: Ein Zinsverbilligungsprogramm der KfW könnte dazu beitragen, dass mehr Wohnungen gebaut werden und die Mieten sinken. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung diese Vorschläge aufgreift und entsprechende Maßnahmen ergreift.

Originalartikel: https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/wohnung-mieten-es-wird-noch-viel-schlimmer-li.2152692